Häufig treffen wir bei WordPress-Installationen auf Seiten, die von einem Full-Service-Dienstleister administriert werden: Das viel beworbene „Rundum-Sorglos-Paket“.
Warum eine Bindung an ein solches Leistungspaket erst einmal bequem und verlässlich erscheint, aber langfristig mehr Probleme hervorrufen kann, zeigen wir euch hier auf.
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Full-Service-Dienstleister?
Ist man Kunde bei einem Full-Service-Dienstleister oder hat ein entsprechendes Leistungspaket gebucht, erhält man alles aus einer Hand. Im konkreten Fall von WordPress bezieht sich dies beispielsweise auf Bereitstellung von Webspace und Datenbank, Administration der Installation/en, Lizenzmanagement von Plugins, ggf. Wartung von Eigenentwicklungen und häufig Übernahme von der Inhaltspflege einer Seite.
Es ist das „Rundum-Sorglos-Paket“: Alles kommt aus einer Hand, jede Tätigkeit wird übernommen; vielleicht sogar zum Pauschalpreis.
Das ist im Grundsatz für den Kunden eine äußerst luxuriöse Situation:
- Der Kunde muss nicht mit zwischen mehreren Dienstleistern koordinieren, da es nur einen Dienstleister gibt
- Abstimmungsprobleme fallen weg, weil es nur einen Partner für jedes Anliegen gibt
- Auch die Verantwortung für einen gesamten Bereich liegt bei einem Dienstleister: Dass sich zwei Parteien gegenseitig die Verantwortung zuspielen, ist unmöglich
- Man muss Vision und Planung des Projekts nur einer Partei mitteilen: Man spart Zeit
- Häufig identifizieren sich Full-Service-Dienstleister auch im großen Maße mit der Webseite: Als Kunde fühlt man sich wahrgenommen statt eine Kundennummer
- Die Reduktion von verschiedenen Parteien macht ein Projekt in der Regel auch schneller und effizienter, da das Projektmanagement nur intern stattfindet
- Ein in der Regel pauschaler Monatspreis sorgt für Kostenstabilität und auch planbare Kosten
Die Erfahrung zeigt, dass die Kundenzufriedenheit in solchen Konstrukten immens hoch ist. Das lässt sich auch nicht wegdiskutieren: Full-Service-Dienstleister sind ein Segen für Personen, die zwar eine Verantwortung für eine Webseite übernommen haben, aber entweder keine ausreichende Zeit oder technische Expertise mitbringen (oder gar beides).
Solche Zusammenarbeiten sind häufig sehr langlebig und von großer Harmonie geprägt.
Dennoch sollte man sich die Art der Zusammenarbeit und die Verantwortungsabgabe sehr genau anschauen: Häufig wird nämlich die Zeit übersehen, die nach einem Anbieterwechsel bevorsteht.
Dienstleisterwechsel – das schwebende Damoklesschwert
Es wurden nun viele Vorteile eines Full-Service-Dienstleisters skizziert – und je nach Ausprägung sind die Leistungen noch umfangreicher. Was im Rahmen einer weitestgehend kompletten Verlagerung der Verantwortung häufig nicht berücksichtigt wird: Was passiert, wenn man nicht mehr mit diesem Dienstleister zusammenarbeitet?
Warum man mit einem Dienstleister nicht mehr zusammenarbeiten möchte, hängt häufig mit drei Gründen zusammen:
- Der Anbieter beendet seine Tätigkeit und kündigt deswegen das Geschäftsverhältnis auf
- Auch, wenn es tagesaktuell als Ding der Unmöglichkeit erscheint: Auch die besten Beziehungen sind nicht krisenfest. Ein nachhaltiger Sicherheitsvorfall, eine hochdiskutable Rechnung oder persönliche Differenzen können schnell zur Trennung führen
- Es stellt sich heraus, dass der bisherige Dienstleister den gewachsenen Anforderungen zeitlich oder technisch nicht nachkommen kann: Es braucht einen professionelleren Dienstleister
Erst, wenn ein Dienstleisterwechsel ansteht, stellt sich heraus: Mit steigender Bindung an einen einzelnen Anbieter ergeben sich steigende Probleme bei dem Anbieterwechsel.
Wir möchten im Folgenden einen Überblick über klassische Probleme beim Dienstleisterwechsel geben und wie man sie vermeiden kann.
Was macht einen guten Dienstleister aus?
Man kann es nicht häufig genug darstellen: Das Modell eines Full-Service-Dienstleisters ist an sich nicht falsch – im Gegenteil. Bei guter Zusammenarbeit und transparenter Kommunikation kann eine für beide Seiten äußerst produktive Verbindung entstehen. Jedoch sollte der Kunde die Verantwortung nie aus der Hand geben, sondern stets die Hoheit behalten.
Fokus auf Kernkompetenzen und Nutzung von Partnern
Ein guter Dienstleister fokussiert sich darauf, was er besonders gut kann: Manche können gut programmieren, andere gute Grafiken erstellen, andere haben sich auf Serveroptimierung spezialisiert. Wiederum andere können besonders gut Suchmaschinenoptimierung betreiben.
Häufig erkennt man allein an der Außendarstellung eines Unternehmens, worauf es sich spezialisiert hat. Das schließt nicht aus, dass das Unternehmen noch mehr kann – aber es liegt auf der Hand, dass hier die Qualität nicht identisch zum Kernprodukt ist.
Es ist vollkommen normal, dass ein Anbieter auch Leistungen abseits des Kernportfolios anbietet. Doch es sollte allen Beteiligten bewusst sein, dass die Qualität nicht identisch sein kann zu einem professionellen Anbieter in dem entsprechenden Bereich.
Ein Anbieter, der zusagt, die komplette Palette einer Webseitenadministration abdecken zu können, muss zwangsläufig ein großes Produktportfolio anbieten und auch entsprechende Spezialisten vorhalten. Ansonsten sind seine Versprechen kaum haltbar.
Die Alternative ist, dass der Anbieter sich die Kompetenz zukauft: Es ist nicht schlimm, andere Anbieter zu involvieren. Im Gegenteil: „Schuster bleib bei deinen Leisten“ ist ein Spruch, der Wahrheit in sich birgt.
Wer nicht gut im Grafikdesign ist, sollte mit einem Grafikbüro oder professionellen Freelancer zusammenarbeiten. Professionelle Webhoster wie all-inkl, Strato, Ionos oder WP Projects bieten in der Regel bessere Qualität als eine Eigenlösung.
Standards werden eingehalten
Dies ist ein Bereich, der für Außenstehende nur schwer einzusehen und einzuschätzen ist. Dennoch birgt dieser auch eine große Gefahr, wenn zu wenig Rücksicht genommen wird.
Je mehr Verantwortung bei einem einzelnen Dienstleister liegt, desto höher ist die Gefahr, dass er Eigenlösungen für Probleme findet. Da alle betroffenen Komponenten unter der eigenen Herrschaft sind, sind die Probleme zumeist schnell gefunden, schnell behoben und somit auch kostengünstig.
Die Gefahr hierbei ist, dass gerade bei der Lösung sich nicht an Standards oder offizielle Schnittstellen gehalten wird: Sicherlich ist die Kenntnis dieser aufwändig und auch der Anpassungsaufwand an diese manchmal höher. Jedoch bleibt so der Code wartbar und auch durch Andere administrierbar.
Die Nutzung von Standards und vordefinierten Schnittstellen erhöhen meistens auch die Sicherheit, weil diese durch mehrere Personen in umfangreichen Tests auf Qualität geprüft werden.
Individualentwicklungen werden dokumentiert und offen gelegt
Werden Eigenlösungen programmiert oder bestimmte Leistungen extern gekauft, sorgt der Dienstleister dafür, dass alle Unterlagen dem Kunden ausgehändigt werden. Dies umfasst Vertrags- und Lizenzdokumente, aber auch Dokumentationen für Quellcodes.
Beachte, dass jede Entwicklung auch einer Nutzungslizenz unterliegt. Eine bloße Nutzungslizenz, womöglich im monatlichen Abo, macht dich abhängig vom Dienstleister: Bei einer Trennung kann es sein, dass die Nutzungslizenz erlischt. Lasse dir uneingeschränkte Nutzungsrechte einräumen: Die limitieren nicht die Dauer oder Art der Verwendung der Entwicklung.
Vermutlich wird das Projekt dadurch etwas teurer – eine mögliche Kostenersparnis hebt aber selten das Risiko auf.
Lizenzen und Verträge werden auf deinen Namen ausgestellt
Lizenzen sollten auf den Namen des Kunden ausgestellt werden – nicht des Dienstleisters. Kauft ein Dienstleister eine Lizenz für dich, registriert diese auf den eigenen Namen und verkauft sie an dich weiter, gehört die Lizenz juristisch dem Dienstleister – nicht dir. Teilweise begeht der Dienstleister damit sogar Lizenzbruch, wenn in den Bestimmungen ein Weiterverkauf untersagt wird.
Wenn eine Lizenz für dich oder dein Unternehmen angeschafft wird, sollte diese auch auf dich oder das Unternehmen registriert werden. Das ist lizenzrechtlich nicht zu bemängeln und sorgt für Sicherheit, dass man die Lizenz eigenständig und unabhängig von Dienstleistern nutzen kann.
Exakt das Gleiche gilt für Verträge: Lasse keine Verträge auf den Namen des Dienstleisters laufen, sondern bleibe immer der Vertragsnehmer. Der Dienstleister kann das richtige Produkt auswählen, Verhandlungen führen, Preise drücken, … kurz: alles vorbereiten. Aber der Vertrag sollte auf dich laufen.
Agenturlizenzen werden ausgewiesen, ein Exit-Szenario ist bekannt
Agenturlizenzen sind Lizenzen, die der Dienstleister einmalig kauft und mehrfach bei vielen Kunden einsetzen kann. Die Agenturlizenz ist meist deutlich günstiger als der Kauf von Einzellizenzen, dessen Ersparnis der Dienstleister als Bonus an seine Kunden weiterreicht.
Wie oben skizziert, entsteht aber so eine Abhängigkeit zum Dienstleister, wenn nicht mehr mit diesem zusammengearbeitet wird.
Der Einsatz von Agenturlizenzen ist ein valider Weg, Kosten zu sparen. Jedoch sollten diese Lizenzen bei Start der Zusammenarbeit ausgewiesen werden, zudem sollte auch ein Exit-Szenario bekannt sein: Was ist zu tun, wenn man sich von der Agenturlizenz trennen und eine Einzellizenz möchte?
Fazit: Fühle dich verantwortlich
Full-Service-Dienstleister können einem viel Arbeit abnehmen und mit ihrem Fachwissen unterstützen. Durch einen einzelnen Ansprechpartner verringert man Abstimmungsaufwände. Man muss sich nicht um verschiedene Verträge kümmern, sondern erhält alles aus einer Hand.
Dieser Komfort kann aber schnell in eine Abhängigkeitssituation führen: Wenn du keinen Wert auf volle Transparenz legst, entwickelt sich die Webseite zu einer „Blackbox“. Nur der Dienstleister hat die Informationen, wie alles zusammenspielt sowie welche Lizenzen und Verträge im Einsatz sind.
Das ist ein Risiko, denn auch eine gute Beziehung kann schnell belastet werden und zur Trennung führen.
Je weniger du hinsichtlich Produktauswahl, Verträgen und Dokumentation von einem Anbieter abhängig machst, desto besser.
- Hinterfrage immer, ob sich der Dienstleister an übliche technische Standards hält: So ist eine Umgebung in der Regel besser wartbar und kann auch von Anderen nahtlos betrieben werden.
- Entwickle ein Gefühl, ob der Dienstleister alle Aufgabengebiete in gleichbleibender Qualität leisten kann. Es ist normal, dass es zwischen verschiedenen Leistungen auch Qualitätsunterschiede gibt. Spätestens jedoch, wenn du als „Laie“ spürst, dass sich der Dienstleister mit einem Teilbereich besonders schwer tut, ist es Zeit, nach Alternativen zu schauen.
- Lasse alle Einzellizenzen oder Verträge auf deinen Namen/dein Unternehmen registrieren: Der Lizenznehmer/Vertragspartner ist immer der Besitzer der Ware. Es ist äußerst unangenehm, bei einer Trennung festzustellen, dass man nicht vollständiger rechtmäßiger Besitzer der eigenen Seite ist.
- Bietet der Dienstleister Agenturlizenzen an, bringt das häufig Kostenersparnis. Lasse dir Agenturlizenzen explizit ausweisen und erfrage, was nötig ist, um das Produkt auch ohne Agenturlizenz weiterzubetreiben.
- Auch, wenn es etwas mehr kostet: Lass dir eine umfangreiche Dokumentation für Individualentwicklungen erstellen. So kann ein anderer Entwickler übernehmen, sofern der ursprüngliche Autor nicht mehr verfügbar ist.
- Kläre bei Individualentwicklungen die Rechte: Ein uneingeschränktes Nutzungsrecht ermöglicht es dir, die Entwicklung zeitlich unbegrenzt einzusetzen oder selbst weiterzuentwickeln. Dazu gehört auch die Herausgabe des Quellcodes.
- Bei wichtigen und großen Projekten lohnt auch ein jährlicher Review durch einen externen Berater: So fallen potentielle Stolpersteine auf. Meistens fallen auch Potentiale auf, die Sicherheit zu verbessern.