Klein und leise war es, das Release von Microsoft Clarity. Kein vollwertiger Analysedienst wie Google Analytics, hat sich das kostenlose Clarity auf die Usability einer Webseite konzentriert. Klassiker wie Heatmaps werden ergänzt durch „Dead Clicks“ und „Rage Clicks“ – was es alles damit auf sich hat, das klärt dieser Artikel.
Inhaltsverzeichnis
Was ist Microsoft Clarity?
Clarity ist kein Konkurrent zu bekannten Analyse-Tools wie Google Analytics oder Mamoto. Dennoch bietet das Analyse-Tool ein solides Grundset an Funktionen.
- Menge Sitzungen und eindeutige Besucher
- Seitenaufrufe pro Sitzung
- Besuchszeit von einzelnen Benutzern bzw. Durchschnitt
- Verweisende Webseite (sog. Referrer)
- Kategorie des Endgeräts
- Ursprungsland
- Browser des Besuchers
- Häufig aufgerufene Seiten
Der Fokus liegt jedoch auf der Usability: Wie geht ein Besucher generell mit der eigenen Webseite um? Wo klickt er, wie klickt er und wie navigiert er auf der Seite?
Solche Funktionen sind in der Regel kostenpflichtig, jedoch ist Microsoft Clarity komplett kostenlos – ganz unabhängig der Größe der Seite. Damit positioniert sich der Dienst ganz klar und lädt ein, ganz unverbindlich in die Verbesserung der eigenen Seite einzutauchen.
Clarity kann nicht lokal eingebunden werden, stattdessen wird ein Tracking-Code auf der eigenen Seite eingebunden, der alle erhobenen Daten zu Microsoft überträgt. Was das für den Datenschutz bedeutet, klären wir später.
Heatmaps
Mit Heatmaps kann man nachvollziehen, auf welche Elemente der Besucher klickt. Je farbiger ein Bereich, desto mehr Klicks gibt es zu verzeichnen. So kann man nachvollziehen, welche Bereiche einer Webseite besonders attraktiv erscheinen – oder wo der Besucher stets hinklickt und ggf. gar keine Aktion stattfindet.
Dead Clicks / Rage Clicks
Eine Spezialität des Online-Dienstes ist es, sogenannte „Dead Clicks“ in einer eigenen Ansicht aufzubereiten. Dead Clicks sind Klicks, die keine Reaktion hervorgerufen haben – weil der bunte Text wider Erwarten kein Link ist; weil der Button „Jetzt anmelden“ nicht funktioniert; weil der Besucher gewohnt ist, auf das Logo zu klicken, um auf die Startseite zu kommen, aber das Logo nicht auf die Startseite verweist.
Werden Dead Clicks protokolliert, ist das ein eindeutiges Zeichen dafür, dass das Inhaltselement nicht die Erwartungen des Besuchers erfüllt hat. Es ist schlecht designt.
Ihr kennt das sicherlich selbst: Manchmal klickt man auf ein Inhaltselement und es passiert nichts. Dann versucht man die Grafik daneben. Gerade auf Smartphones oder Tablets klickt man dann mehrfach das gleiche Inhaltselement an, weil man meint, nicht getroffen zu haben. Diese Klicks folgen einem immer ähnlichen Muster – und Microsoft nennt sie „Rage Clicks“: Klicks oder auch Bildschirm-Touches, die den Besucher so wütend machen, dass er ständig auf das gleiche Inhaltselement klickt.
Microsoft hat das sehr schön bebildert.
Mit der eigenen Ansicht von Dead Clicks und Rage Clicks kann man also schnell Designfehler auf der eigenen Seite identifizieren. Keine technischen Designfehler, sondern Fehler, die die Besucher irritieren oder gar frustrieren.
Excessive Scrolling
Hier ist der Name Programm: Dieser Bereich zeigt einem die Seiten, wo der Besucher exzessiv gescrollt hat. Das ist ein Hinweis, dass er nicht die gewünschten Informationen gefunden hat oder er sich in dem Seitenaufbau nicht zurecht gefunden hat.
Quick Backs
Microsoft Clarity hebt auch Interaktionen hervor, bei denen der Besucher einen Link geklickt hat, aber dann äußerst schnell wieder zurück auf die Ursprungsseite zurück navigiert ist. Dies ist ein Beleg dafür, dass der Besucher auf der verlinkten Seite nicht die gewünschte Information gefunden hat. Häufen sich Quick Backs auf bestimmten Seiten, scheint die Linkbeschriftung oder die Verlinkung selbst nicht optimal zu sein.
Session Playbacks
Bei den ganzen Protokollierungen ist es nur naheliegend, dass das Analyse-Tool auch eine Sitzung eines Besuchers abspielen kann. Man kann also wie bei einer Videoaufnahme nachverfolgen, wie ein Besucher seine Maus/seinen Finger über die Seite bewegt, wann er wo klickt und wie er generell durch die Seite navigiert.
So bekommt man einen interessanten Einblick in das Bewegungsverhalten eines Besuchers und somit Feedback über eine bereits gut funktionierende Benutzerführung – oder Verbesserungspotentiale.
Ist Microsoft Clarity datenschutzkonform gem. DSGVO?
Die Frage nach dem Datenschutz bzw. dessen Konformität ist vermutlich die falsche. Denn häufig meint man „Kann ich die Lösung ohne Hinweis/Einverständnis des Besuchers einsetzen?„.
Microsoft anonymisiert IP-Adressen und ermöglicht es so nicht mehr, Datensätze einzelnen Personen zuzuordnen. Auch werden keine Namen oder andere eindeutig personenidentifizierende Maßnahmen erhoben.
Jedoch setzt Microsoft einen Cookie, der ein Jahr Gültigkeit hat und eindeutig für den Besucher ist. Ganz schön lang für die Erfassung eines Besuchs und eröffnet die Vermutung, dass Microsoft hier später auch Besucher zwischen „neu“ und „wiederkehrend“ unterscheiden möchte. Spätestens dann wären wir im eindeutigen Bereich des Trackings und würde man einzelne Besuchern auch einzelnen Session Playbacks zuordnen können, auch im Profiling.
All das ist noch nicht der Fall – aber das Produkt wird auch klar damit beworben, dass es noch weitere Features bekommen wird.
Doch auch ganz unabhängig dessen: Das Nutzen von Microsoft Clarity muss in die Datenschutzerklärung und der Besucher muss zustimmen.
Ein Protokollieren des Besuchs samt Heatmap, Rage Clicks und Session Recording geht weit über das „technisch Notwendige“ heraus. So gesehen nimmt Clarity kaum eine andere Stellung als Google Analytics ein.
Fazit
Microsofts Lösung zur Prüfung von Usability auf der eigenen Seite ist schon ein Durchbruch: Das ganz reale Nachverfolgen von Besuchern ist ein Vorgang, der zumeist teuer war. Microsoft bietet das Tool kostenlos an. Zudem haben solche Analyse-Tools häufig die Seite verlangsamt. Der Hersteller verspricht hier, kaum Einfluss auf die Seite zu nehmen.
Wer das Tool einsetzen möchte, kann dies auch in den Deutschland tun, muss jedoch in der Datenschutzerklärung darauf hinweisen und dem Benutzer freistellen, die Verfolgung zu deaktivieren – bevor der erste Klick protokolliert wird.
Man kann gespannt sein, wie Clarity noch ausgebaut wird – der erste Aufschlag ist bereits vielversprechend.